Meldung vom 13.01.2014 / DEG

Nachgefragt bei dem Leiter der Abteilung Nachhaltigkeit der DEG

Martin Geiger

Wie die konkrete Arbeit der DEG aussieht, welche Kriterien mitfinanzierte Unternehmen erfüllen müssen und wie die DEG dazu beiträgt, positive Entwicklungen in den Partnerländern anzuschieben: Das sind Themen, die in der neuen Reihe „Nachgefragt“ von Fachleuten genauer erklärt werden. Den Start macht Martin Geiger, Leiter der DEG-Abteilung Nachhaltigkeit.

Martin Geiger, Leiter der Abteilung Nachhaltigkeit

Herr Geiger, was ist die Kernaufgabe Ihrer Abteilung?

Sie ist am entwicklungspolitischen Auftrag der DEG orientiert:
Plant die DEG eine Investition eines Unternehmens mitzufinanzieren, prüfen wir systematisch die damit verbundenen potenziellen Umwelt- und Sozialwirkungen. Gleichzeitig ermitteln wir Möglichkeiten, diese zu vermeiden, abzumildern oder auszugleichen. Dies ergänzt das wirtschaftliche Risikomanagement der DEG. So stellen wir sicher, dass die DEG nur mit Unternehmen arbeitet, die entweder bereits weitestgehend internationale Standards einhalten oder sich bereit erklären, diese in absehbarer Zeit zu erreichen.

Außerdem wirken wir daran mit, das wirtschaftliche Engagement der von uns mitfinanzierten Unternehmen nachhaltiger zu gestalten: beispielsweise über Maßnahmen für bessere Energieeffizienz, Abwasserreinigung oder zum Schutz von Biodiversität. Wir setzen uns auch dafür ein, zu einem besseren Verständnis der Bedürfnisse von Mitarbeitern, Anwohnern oder anderen Stakeholdern und ihrer Berücksichtigung über das gesetzliche Maß hinaus beizutragen.

Welche Unternehmen können grundsätzlich von der DEG finanziert werden?

Voraussetzung ist gemäß unserem Auftrag, dass sie in Entwicklungsländern investieren. Wir finanzieren nicht nur deutsche, sondern vor allem auch lokale und regional tätige Unternehmen.

Wie setzt sich Ihr Team zusammen und welche Qualifikationen sind besonders wichtig?

Das Team besteht aus zehn Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen, die einerseits verschiedenste Umweltthemen abdecken und andererseits soziale Expertise mitbringen. Die Erfahrung ist umfassend und breit gefächert: Sie reicht vom Agrarsektor über die Chemie- und Stahlindustrie sowie Infrastruktur bis hin zu erneuerbaren Energien sowie Umwelt- und Sozialrisikomanagement im Finanzsektor. Im sozialen Bereich gibt es die Schwerpunkte Arbeitsrecht, Arbeitssicherheit, Zusammenarbeit und Kommunikation mit von Investitionen direkt oder indirekt Betroffenen.

Wenn die DEG sich entschließt, ein Vorhaben mitzufinanzieren: Was wird in puncto Umwelt- und Sozialaspekte vertraglich vereinbart?

Bei allen mitfinanzierten Vorhaben wird die Einhaltung der nationalen Umwelt- und Sozialgesetzgebung vereinbart. Bei Vorhaben mit potenziell mittlerem bis hohem Umwelt- und Sozialrisiko (etwa 80 Prozent aller Vorhaben) wird zusätzlich die Einhaltung der IFC Performance Standards vereinbart. Dieses Standard-Regelwerk gilt derzeit als der internationale „Benchmark. Darin sind auch die 2011 verabschiedeten UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte umfassend berücksichtigt. Mit den Performance Standards gehen Vorgaben einher, die Mindeststandards und Richtlinien für verschiedene Branchen und Sektoren definieren. Außerdem stellen sie die Einhaltung der Kernarbeitsnormen der International Labour Organisation in Bezug auf u.a. Versammlungsfreiheit, Kinderarbeit, Zwangsarbeit, Diskriminierung sicher.

Verknüpft sind damit auch Zertifizierungen im Umweltbereich, z.B. FSC für Holzprodukte oder ISO 14001 für Umweltmanagement, oder im sozialen Bereich (OHSAS 8000). Diese helfen nicht nur, das Umwelt- und Sozialmanagement zu verbessern, sondern auch dabei, die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen zu steigern.

Investitionen in besonders kritischen Sektoren werden von der DEG übrigens grundsätzlich nicht mitfinanziert; diese sind in einer Ausschlussliste aufgeführt.

Wie sieht eine Umwelt- und Sozialprüfung der DEG in der Praxis aus?

Alle DEG-Projekte durchlaufen ein Umwelt- und Sozialrisiko-Screening. In Vorhaben der mittleren bis hohen Risikoklassen führt unsere Abteilung eine umfassende Prüfung vor Ort durch, um zu ermitteln, inwiefern Standards eingehalten werden und wo ggf. Abweichungen bestehen. Diese Vor-Ort-Prüfung erfolgt zu einem großen Teil mit Unterstützung externer Experten. Abweichungen werden in einem ebenfalls vertraglich vereinbarten Umwelt- und Sozialaktionsplan adressiert; die Unternehmen werden verpflichtet, Lücken unter Einhaltung eines Zeitplans zu schließen und über den Fortgang regelmäßig Bericht zu erstatten. In komplexen und großen Vorhaben wird hierfür zusätzlich meistens ein externes unabhängiges Monitoring vereinbart. Hinzu kommen regelmäßige Vor-Ort-Besuche durch unser Team.

Wie ist Ihre Erfahrung: Werden die Auflagen der DEG eher als hinderlich oder als sinnvoll angesehen?

Sicher hat in den letzten Jahren das Verständnis für die Notwendigkeit der Einhaltung von Standards deutlich zugenommen. Zudem hat sich in etlichen Ländern die diesbezügliche Gesetzgebung verbessert.

Nach unserer Wahrnehmung ist es bei Unternehmen, die bereits Erfahrung mit internationalen Umwelt- und Sozialstandards haben und den damit verbundenen Aufwand und Nutzens realistisch einschätzen, in der Regel einfach, Anforderungen abzustimmen und umzusetzen. Dann gibt es Unternehmen, die nur mittelbar, über ihre Kundschaft und Abnehmer, Erfahrungen mit internationalen Standards haben. Bei diesen ist sicher mehr Überzeugungsarbeit notwendig. Unternehmer, die bisher „nur“ lokal tätig sind in einem Land mit schwacher Gesetzgebung und schwachen behördlichen Kontrollen, werden am ehesten fragen, was denn das zusätzliche Engagement bringen soll. Aber auch in dieser Gruppe gibt es Unternehmen, die es als Chance betrachten, sich positiv von Wettbewerbern abzusetzen.

Von etlichen Unternehmen habe ich die Rückmeldung, dass sie sich durch die Zusammenarbeit mit der DEG und unsere Beratung weiter entwickelt haben und dadurch auch künftig mit Umwelt- und Sozialaspekten bewusster umgehen werden.

Martin Geiger leitet seit Juni 2012 die DEG-Nachhaltigkeitsabteilung. Er war zuvor langjährig für den WWF tätig.

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